Geschlechterforschung / Gender Studies
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Vorab-Drittmittel zum Antrag: „Das optimierte Geschlecht? Zur (Neu)Kodierung der Geschlechterdifferenz im Lichte ihrer technologischen Machbarkeit“ 2010

Die internationale und multidisziplinäre Geschlechterforschung hat in ihrer nun ca. dreißigjährigen Geschichte eine Fülle an Arbeiten hervorgebracht, die nachdrücklich belegen, inwiefern die ‚Natürlichkeit’ der körperlichen Geschlechterdifferenz ein fundamentaler Teil moderner Gesellschaften ist. Die Grenzziehung zwischen Natur und Kultur ist eine, die die Moderne in all ihren empirischen Dimensionen (Wissen(schaft), Praxis, Politik, Institutionen, Demokratie usw.) konstitutiv begleitet und die insbesondere im Hinblick auf das Geschlecht hoch aufschlussreich ist. In der einschlägigen Forschung ging und geht es auch weiterhin nie darum, eine ‚Natur’ naiv zu leugnen – vielmehr zeigen die anthropologischen, soziologischen, historischen usw. Studien der Geschlechterforschung, wie politisch die jeweilige raum- und zeitspezifische Grenzmarkierung zwischen Natur und Kultur ist und wie sehr die Grenzziehung, etwa zwischen ‚der Natur’ der Frauen und ‚der Natur’ der Männer eingebettet ist in grundlegende Prozesse sozialer Ordnung und sozialen Wandels. Nicht zuletzt deshalb kommt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der ‚Grenzziehung’ eine auch weiterhin wesentliche Rolle zu: Wir erleben auch aktuell in öffentlichen Debatten, etwa um Elternschaft, Bildungswege, Karrierechancen usw. wie um die Frage gerungen wird, was und wie Männer und Frauen ‚an sich’ im Sinne von ‚natürlicherweise’ sind. Dass der Körper hierbei eine prominente Rolle spielt, liegt auf der Hand.

An diesem Punkt setzt das vorliegende Projekt an. In diesem sollen – verkürzt formuliert – gegenwärtige Phänomene der ‚Entgrenzung’ empirisch beforscht werden. Am Beispiel der beobachtbaren Popularisierung von vergleichsweise drastischen Körpermanipulationen, insbesondere der plastischen Chirurgie, sollen gesellschaftliche Semantiken und alltägliche Deutungen sowie Praxen dieser ‚Entgrenzung’ unter die soziologische Lupe genommen werden. Dabei soll rekonstruiert werden, wie die Gestaltbarkeit und die damit einhergehende Verfügbarkeit des Geschlechtskörpers derzeit in Medien kodiert werden und wie dies von Menschen bewertet wird. Zeichnet sich, so fragt das Projekt, eine neue Grenzziehung zwischen Natur und Kultur ab, wenn der Geschlechtskörper zunehmend als ‚machbar’ erscheint? Wie verhält sich dies zu einer – von vielen Forschungsprojekten diagnostizierte – Entgrenzung der Medizin, die sich zunehmend nicht mehr als therapeutisch-heilendes Expertentum, sondern als optimierende Dienstleistung versteht? Und wie wird in dieser Situation die Autonomie von Personen entlang ihres körperlichen Selbstverhältnisses (von den emanzipatorisch-kritischen ‚mein Bauch gehört mir’ bzw. ‚our bodies, our selves’ zum ‚Recht auf kosmetische Operationen’) gedeutet? Wie gehen, schließlich, betroffene Menschen mit diesen Fragen um?

 

Die Finanzierung seitens der Therese von Bayern-Stiftung fördert die Arbeit an einem Antrag bei der DFG (Ende 2010).

Projektmitarbeiterin: Dipl.-Soz. Katharina Meßmer